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Kategorien: Kletterausrüstung Alpinklettern
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Produkttest Kletterrucksack Ortovox Trad 35

Mit der Rucksack-Reihe "Trad" bietet die Firma Ortovox jetzt auch dem Alpinkletterer schickes Equipment. Ich wollte wissen wollte ob er nicht nur gut aussieht, sondern auch was taugt.

Ortovox Trad 35 im Praxiseinsatz

Hier fühlen sich der Autor und der "Ortovox Trad 35" wohl - alpines Felsgelände in den Berchtesgadener Alpen (Foto: H. Dietl).

Kurz vorweg - den Rucksack hat mir der Hersteller Ortovox kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Bedingung war, dass ich einen Testbericht ohne Schönfärberei schreiben kann. Der Hersteller hat mich allerdings gebeten mich auf die Eignung fürs Klettern zu beschränken - obwohl ich ihn auch gerne auf Skitouren verwende. Bei Skihochtouren mit viel Gepäck oder längeren Skitragezeiten stößt der Rucksack für mich an seine Grenzen.

Die Testtouren

Ich hab den Trad 35 (und teilweise auch den Trad 25) zusammen mit mehreren Freunden inzwischen auf zahlreichen Touren dabei gehabt und getestet. Das Spektrum der Unternehmungen reicht von einem kurzen Nachmittagsausflug in den Klettergarten über kürzere Alpinrouten, wo er teils nur am Zustieg mit durfte bis hin zur 17-Seillängen-Alpinkletterei "Teutates" mit Hüttenübernachtung und Rucksack während der gesamten Tour am Rücken. Daneben wie gesagt auf vielen Skitouren - aber das außer Konkurrenz.

Stauraum

Den Trad liefert Ortovox momentan in zwei Größenvarianten aus, als Trad 25 mit ca. 25 Liter und Trad 35 mit 35 Liter Fassungsvermögen. Gegenüber meinen bisherigen 35 Liter Rucksäcken finde ich das Volumen eher knapp bemessen.  Meiner Meinung nach liegt das vor allem an dem, bei nicht ganz gefüllten Rucksack sehr praktischen, aber Platz kostenden Verschluß- und Deckeltaschensystem. Möchte man die Rucksackgröße ausschöpfen, bekommt man den Deckel nicht mehr zu.  Ähnlich sieht es beim Trad 25 aus. Generell würde ich beiden vom Stauraum im Praxisgebrauch daher eher 5 Liter abziehen. Das große Hauptfach ist sowohl von oben (Toploader) als auch mit einem etwa 2/3 umlaufenden Reißverschluß zugänglich, was besonders dann super ist wenn man wieder einmal ausgerechnet das Teil benötigt, das ganz unten eingepackt wurde oder wenn das Seil oben drauf befestigt ist. Allerdings muss man bei sehr voll gepacktem Rucksack dann etwas aufpassen, dass man den RV wieder zu bekommt, bzw. sollte nicht mit zu viel Gewalt versuchen ihn zu schließen, da seine Stabilität sicher nicht grenzenlos ist. Die Deckeltasche ist nicht allzu groß aber fürs Klettern Alpinklettern ausreichend. Ein kleines Wertsachen-"Geheimfach" befindet sich auf der Innenseite des Hauptfachs und ist mit dem RV von unten zugänglich, aber nur wenn man den Rucksack absetzt.

Befestigungssysteme

Auch für Tages-Skitouren eignet sich der Trad gut, wie hier am Feldernkopf im Karwendel.
Auch für Tages-Skitouren eignet sich der Trad gut, wie hier am Feldernkopf im Karwendel.

Sehr sympatisch ist mir persönlich die überschaubare aber durchdachte Anzahl äußerer Befestigungssysteme. Zu viel Gebändel finde ich eher nervig, allerdings müssen ein paar wichtige Riemen zwingend vorhanden sein. Sehr pfiffig ist beim Trad die vielseitige Verwendung der seitlichen Spanngurte, die an verschiedenen kleinen Ösen auch nach oben (z. B. zur Seilbefestigung) und nach unten (z. B. für eine dünne Isomatte oder für Steigeisen) verspannt werden können. So hat man mit insgesamt nur vier Riemen viele verschieden Optionen (allerdings nie alle gleichzeitig). Die Riemen sind aber eher kurz bemessen - bei einem dicken Einfachseil und gleichzeitig voll gepacktem Rucksack und Deckeltasche oder einer voluminöseren Isomatte sind sie schon mal zu knapp. Die relativ dünnen Aluhäkchen, die gleichzeitig als Spannklemmen dienen sind eher schwach dimensioniert. Wer zu brachial daran anzieht kann sie u.U. verbiegen. Zieht man hingegen zu wenig besteht die Gefahr, dass sich der Riemen aushängt. Ist ein Seil wie unten abgebildet auf dem Rucksack, dann kommt man nur noch mittels dem seitlichen Reißverschluß ins Hauptfach. Die Deckeltasche wird auch etwas verdeckt, liegt ein Halbseil oben auf, kommt man noch halbwegs ran, bei zwei Halbseilen jedoch kaum noch.

Die Seilbefestigung mittels seitlicher Spannriemen an der Rückseite. Vorne sieht man den Haken mit dem die Deckeltasche an den frontalen Materialschlaufen eingehängt wird.
Die Seilbefestigung mittels seitlicher Spannriemen an der Rückseite. Vorne sieht man den Haken mit dem die Deckeltasche an den frontalen Materialschlaufen eingehängt wird.

Tadellos funktioniert die "Pickelbefestigung", die man zum Beispiel auch für eine schnelle Fixierung des Kletterhelms nutzen kann. Weniger überzeugt bin ich von der Fixierung des Deckelfachs mittels eines Hakens an den frontalen Materialschlaufen. Es läßt sich dadurch nichts zuverlässig unter die Deckeltasche klemmen (Seil, Jacke) und es passiert, dass sich der Haken von selbst ausgehängt (vermutlich wenn der Rucksack nicht perfekt gepackt ist und sich der Inhalt mit der Zeit "setzt"). Es fällt zwar nichts heraus, da das Hauptfach mit dem praktischen "Fast Closure Top Lid System" verschlossen wird, allerdings fällt einem beim Bücken dann das Deckelfach ins Genick.

Tragekomfort und Gewicht

Auch der etwas kleinere "Trad 25" ist ein feiner Begleiter für alpine Klettertouren.
Auch der etwas kleinere "Trad 25" ist ein feiner Begleiter für alpine Klettertouren.

Für meine Anatomie (182 cm Körpergröße) passt der Rucksack ideal, liegt gut am Rücken an und bei moderater Befüllung bis ca. 10 kg (Klettereien mit wenig Hardware, Tagesskitouren) finde ich ihn super bequem. Die Belastung verteilt sich gut auf Hüfte und Schultern, das leichte Alu-Gestell hält den Trad in Form und bietet eine gute Lastübertragung auf den Rücken. Erst bei voll gepackten Zustand mit viel Gewicht (zwei Halbseile, viel Kletterhardware, Verpflegung, Bekleidung - gesamt ca. 12 kg) merkt man langsam, dass das Tragesystem an seine Komfortgrenze kommt. Allerdings wird man in den Rucksack auch nur schwerlich viel mehr Gewicht reinbekommen.

Vorteile und Nachteile auf einen Blick

Der Rucksack schmiegt sich gut an den Rücken an und ist sogar mit offenem Hüftgurt beim Alpinklettern noch bequem zu tragen
Der Rucksack schmiegt sich gut an den Rücken an und ist sogar mit offenem Hüftgurt beim Alpinklettern noch bequem zu tragen (Foto: Done Wagner).

+ sehr leicht (850g), zusätzlich können noch die Hüftgurtpolsterung und das Alugestell entfernt werden (nochmal 200 g weniger).
+ Praktischer und schneller Hauptfachverschluß "Fast Closure Top Lid System" (auch mit dicken Handschuhen problemlos bedienbar!)
+ sehr guter Tragekomfort bis ca. 10 kg, gleichmäßige Lastverteilung auf den gesamten Oberkörper, Schwerpunkt nahe am Körper.
+ Umlaufender Reißverschluß verzeiht auch planloses Packen
+ Sehr flexible und trotzdem übersichtliche Befestigungsmöglichkeiten an der Außenseite
+ Recco-Reflektor bietet Sicherheitsreserve bei der Suche durch Rettungskräfte, wo mit dem neuen System SAR1 auch Ortungen aus dem Hubschrauber z. B. in Waldgebieten durchgeführt werden können. - weniger Stauraum als man bei der Literangabe erwarten würde. Durch die Kombination von Hauptfachverschluß und Deckeltasche läßt sich der Rucksack nicht komplett voll packen und man kann keine Gegenstände unter die Deckeltasche klemmen (z. B. Seilsack beim Sportklettern).
- Die Alu-Haken-Klemmschnallen an den Spanngurten sind nicht allzu stark dimensioniert, wenn man zu brutal festzurrt besteht die Gefahr sie zu verbiegen. Auch die Klemmwirkung ist nicht 100% dauerhaft. Fazit: Der Trad ist ein sehr leichter und insgesamt gut durchdachter, funktionaler Alpinrucksack, der nur wenig Wünsche offen läßt. Einige Kleinigkeiten könnte der Hersteller noch verbessern, die sich aber auf die Alltagstauglichkeit bei alpinen Klettertouren, Tagesskitouren, Wanderungen oder auch Biketouren kaum auswirken.

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