Damit ist die Entscheidung gefallen. Nach dem Zustieg bei eisigen Temperaturen wirds am Wandfuß schon etwas angenehmer. Stefan spaziert gleich mal einen schönen Warm-up rauf: "Bunny be better" (6+). Ich folge sehr ungelenk und meine Finger werden mit jedem Griff kälter statt wärmer. An der "Schlüsselstelle" stelle ich mich durchaus blöd an und löse sie mit einer selten "gichtligen" Bewegung. Naja, kann nur besser werden, denn eigentlich ist es eine richtig schöne Route. Gleich daneben leuchtet eine aufreizend glatte Platte runter, in der jemand kiloweise Expresschlingen in diversen Hakenverlängerungen hinterlassen hat. Den Lockungen kann Stefan natürlich nicht widerstehen, obwohl wir keine Ahnung haben um welche Route es sich handelt, bzw. welche Bewertung ihn ungefähr erwartet. Mit ist gleich klar, dass ich dort nicht antreten brauche.
Im Toprope klettert er nochmal die "Bunny" rauf und ich lass ihn oben über die Route ab, wobei er die einzelnen Stellen sorgfältig ausbouldert. Ich hab währenddessen genügend Zeit den tollen Ausblick und die zunehmend wärmere Sonne zu genießen. .... und freue mich über die Vorzüge des Gri-Gri. Denn die Linie hat es offensichtlich in sich. Viele Versuche braucht er, bis er für die beiden schwierigsten Boulder brauchbare Lösungen findet. Letztendlich schafft er aber zumindest die Einzelboulder und entscheidet sich später nochmal von unten einzusteigen.
Dann bin ich wieder dran. Links gibts den "Friedefürst", offensichtlich eine Kreation vom Erg, dem "Kletterpforrer" wie man am Namen und dem charakteristischen Plättchen erkennen kann. Damit sollte die Tour mit ausreichend Humanität für meine aktuelle Kletterverfassung gesegnet sein, um mich zumindest hineinwagen zu können: "Schau ma mal". Die anfängliche Verschneidung ist einfach, erfordert aber ein paar alpine Fertigkeiten und Vorsicht, um am bevölkerten Einstiegsbereich nicht Angst und Schrecken zu verbreiten. Ein erster Wulst löst sich gut auf, bevor ein sehr garstig aussehender Bauch folgt. Offensichtlich führte die gedachte Linie rechts davon über die Verschneidung weiter, aber vom dortigen Bolt wurde das Plättchen entfernt. Ich vermute wegen des nicht verwachsenen Felsblocks, der dort klebt. So muss ich links über eine zaache Boulderstelle an einer Fixschlinge über den Wulst. Ich kriegs nicht hin und ziehe mich technisch drüber. Danach folgt großgriffige Henkelkletterei zum Ausstieg.
Danach ist der Stefan wieder dran. Inzwischen haben wir von anderen anwesenden Kletterern auch erfahren um welche Route es sich bei seinem Projekt handelt. Mit "Bedlbuz" (8b, bzw. glatt 10) hat er sich mal wieder in ein echtes Highlight verguckt. Relativ problemlos klettert er bis zum ersten Boulder, fällt dort aber ab. Der nächste Versuch klappt und er klippt den stark verlängerten nächsten Haken. Beim Blick zurück merkt er, dass sich die Schraube des Hakens unterhalb gelockert hat. Er streckt die Hand aus, um sie festzudrehen. "Mist" entfährt es ihm. Die Mutter fällt bei der ersten Berührung runter und verschwindet auf Nimmerwiedersehen im Laubwald. Die lose Lasche mit samt den Projekt-Espressen klippt er zum oberen Haken und ich gebe die Info an die Locals weiter, damit der Projektierer beim nächsten Besuch nicht umsonst kommt. Nachdem ihm nun nicht nur die Motivation für einen weiteren Versuch, sondern bald auch Maximalkraft und Hornhaut für den oberen Boulder fehlen, wird die Route zumindest für heute zu den Akten gelegt.