Spontane Planänderung in Corte
"Ui,ui ui - des schaut nicht gut aus" murmelt Stefan mit skeptischen Blick auf die schwarze Wolkenwand vor uns. Nach dem Urlaubsauftakt in San Fiurenzu sind wir auf der Fahrt vom Klettergebiet Monte nach Corte, wo wir wieder mit unseren Familien zusammentreffen wollen. Und dann setzt er ein - der Platzregen. Mit Scheibenwischer auf Vollgas rollen wir im Schneckentempo auf der überfluteten Straße dahin. Der Wasserablauf des Solardachs am Parkplatz des Casino-Supermarktes von Corte beschert unserem Auto eine Intensiv-Waschung. Frauen und Kinder sitzen mit etwas betretenen Mienen im dortigen Cafe. Eigentlich wollten wir uns für die nächsten Tage im Restonicatal mit Julia und Tom treffen, aber dort überspült es vermutlich gerade die Zelte. Auch für die nächsten Tage ist eine ähnlich feuchtlabile Wetterlage prognostiziert. Nachdem die anderen telefonisch nicht erreichbar sind (weil sie das Gewitter an dem Kletterfelsen ohne Netz unter einem Überhang abwarten) bleiben sie bei der Planung außen vor.
Bei mir kommt die Erinnerung an den letzten Aufenthalt im Restonicatal auf. Damals hat es fast jeden Tag nachmittags geschauert (wenn auch deutlich schwächer als jetzt) was die Stimmung unserer Reisegruppe recht getrübt hatte. Obwohl ich vom Meer eigentlich genug habe, schlage ich daher vor "Sollen wir nach Ajaccio rausfahren?". Letztendlich sind alle mit dem Vorschlag einverstanden und während der Fahrt wird fleißig nach Übernachtungsmöglichkeiten gegoogelt. Wir einigen uns auf den Camping Barbicaja westlich der Stadt, von dem aus man alle Klettergebiete in der Ecke schnell erreichen kann, ohne jedesmal durch die Stadt fahren zu müssen. Leider unterschätzen wir die Verkehrslage in Ajaccio und brauchen wegen den Staus fast eine Stunde länger bis zum Campingplatz als gedacht. Als wir nach 20 Uhr dort ankommen heißt es wieder mal "Kein Platz". Der Typ an der Rezeption ist zu keiner Diskussion bereit und alles andere als freundlich. Er läßt uns nicht mal zum Wasserholen in den Campingplatz (später ahne ich warum: Auf den großen Zeltflächen im oberen Teil wäre mit ziemlicher Sicherheit noch ein Plätzchen zu finden gewesen).
"Und jetzt?" ist die konsternierte Frage von Susi. Die Kinder sind nach der langen Fahrt total fertig und ausgehungert. Die nächsten Campingplätze sind auf der anderen Seite der Stadt - wieder eine Stunde im Stau zurück? Aussichtlos! Wir bestellen an der Campingplatzpizzeria erstmal fünf Pizzen (wie befürchtet: teuer und schlecht) und stopfen die hungrigen Mäuler. Dann füllen wir an der Toilette der Pizzeria unsere Wasserkanister und kurven eine kleine Straße ins Inland. Am Passo Saint Antoine stellen wir unser Zelte auf. Wir bleiben bis zum morgen unbehelligt, obwohl wir uns in Hörweite des Corsica Guns Club befinden. Eigentlich haben wir nach der gestrigen Erfahrung keine rechte Lust mehr auf den Barbicaja, er ist aufgrund seiner günstigen Lage aber dann doch die einzig brauchbare Alternative in der Gegend um Ajaccio für uns. Daher starten wir am Vormittag nochmal einen Versuch. Um die Mittagszeit ist der komplette Platz nahezu leer, wir haben die freie Auswahl an Stellplätzen, das Personal ist jetzt auch wirklich freundlich. Wir entscheiden uns für eine Terrasse mit einem großen Feigenbaum, der dick mit reifen Früchten behangen ist. Die gibt es ab jetzt jeden Tag zum Frühstück und nachmittags zum Kaffee. Am Nachmittag treffen dann auch Julia, Tom, Madita und Carlo ein. Es wirkt etwas skurril als sie in der staubtrockenen Hitze des Campingplatzes ihre komplett durchnässte Ausrüstung zum Trocknen ausbreiten. Im Restonicatal - Luftlinie gerade mal 50 Kilometer entfernt - hatte es den ganzen Vormittag geregnet, während hier weit und breit keine Wolke zu sehen ist und die Sonne vom Himmel brennt. Damit sind wir mit unserer spontanen Entscheidung hierher zu fahren wieder versöhnt.