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Kletter- und Familienurlaub Korsika - Teil 2

Die zweite Station ist Ajaccio mit geruhsamem Klettern und Baden.

Der Sektor Barbicaghja bei Ajaccio

Die Bucht von Ajaccio - unser zweiter Stop im Urlaub. Rechts der Klettersektor Barbicaja.

Spontane Planänderung in Corte

"Ui,ui ui - des schaut nicht gut aus" murmelt Stefan mit skeptischen Blick auf die schwarze Wolkenwand vor uns. Nach dem Urlaubsauftakt in San Fiurenzu sind wir auf der Fahrt vom Klettergebiet Monte nach Corte, wo wir wieder mit unseren Familien zusammentreffen wollen. Und dann setzt er ein - der Platzregen. Mit Scheibenwischer auf Vollgas rollen wir im Schneckentempo auf der überfluteten Straße dahin. Der Wasserablauf des Solardachs am Parkplatz des Casino-Supermarktes von Corte beschert unserem Auto eine Intensiv-Waschung. Frauen und Kinder sitzen mit etwas betretenen Mienen im dortigen Cafe. Eigentlich wollten wir uns für die nächsten Tage im Restonicatal mit Julia und Tom treffen, aber dort überspült es vermutlich gerade die Zelte. Auch für die nächsten Tage ist eine ähnlich feuchtlabile Wetterlage prognostiziert. Nachdem die anderen telefonisch nicht erreichbar sind (weil sie das Gewitter an dem Kletterfelsen ohne Netz unter einem Überhang abwarten) bleiben sie bei der Planung außen vor.

Bei mir kommt die Erinnerung an den letzten Aufenthalt im Restonicatal auf. Damals hat es fast jeden Tag nachmittags geschauert (wenn auch deutlich schwächer als jetzt) was die Stimmung unserer Reisegruppe recht getrübt hatte. Obwohl ich vom Meer eigentlich genug habe, schlage ich daher vor "Sollen wir nach Ajaccio rausfahren?". Letztendlich sind alle mit dem Vorschlag einverstanden und während der Fahrt wird fleißig nach Übernachtungsmöglichkeiten gegoogelt. Wir einigen uns auf den Camping Barbicaja westlich der Stadt, von dem aus man alle Klettergebiete in der Ecke schnell erreichen kann, ohne jedesmal durch die Stadt fahren zu müssen. Leider unterschätzen wir die Verkehrslage in Ajaccio und brauchen wegen den Staus fast eine Stunde länger bis zum Campingplatz als gedacht. Als wir nach 20 Uhr dort ankommen heißt es wieder mal "Kein Platz". Der Typ an der Rezeption ist zu keiner Diskussion bereit und alles andere als freundlich. Er läßt uns nicht mal zum Wasserholen in den Campingplatz (später ahne ich warum: Auf den großen Zeltflächen im oberen Teil wäre mit ziemlicher Sicherheit noch ein Plätzchen zu finden gewesen).

"Und jetzt?" ist die konsternierte Frage von Susi. Die Kinder sind nach der langen Fahrt total fertig und ausgehungert. Die nächsten Campingplätze sind auf der anderen Seite der Stadt - wieder eine Stunde im Stau zurück? Aussichtlos! Wir bestellen an der Campingplatzpizzeria erstmal fünf Pizzen (wie befürchtet: teuer und schlecht) und stopfen die hungrigen Mäuler. Dann füllen wir an der Toilette der Pizzeria unsere Wasserkanister und kurven eine kleine Straße ins Inland. Am Passo Saint Antoine stellen wir unser Zelte auf. Wir bleiben bis zum morgen unbehelligt, obwohl wir uns in Hörweite des Corsica Guns Club befinden. Eigentlich haben wir nach der gestrigen Erfahrung keine rechte Lust mehr auf den Barbicaja, er ist aufgrund seiner günstigen Lage aber dann doch die einzig brauchbare Alternative in der Gegend um Ajaccio für uns. Daher starten wir am Vormittag nochmal einen Versuch. Um die Mittagszeit ist der komplette Platz nahezu leer, wir haben die freie Auswahl an Stellplätzen, das Personal ist jetzt auch wirklich freundlich. Wir entscheiden uns für eine Terrasse mit einem großen Feigenbaum, der dick mit reifen Früchten behangen ist. Die gibt es ab jetzt jeden Tag zum Frühstück und nachmittags zum Kaffee. Am Nachmittag treffen dann auch Julia, Tom, Madita und Carlo ein. Es wirkt etwas skurril als sie in der staubtrockenen Hitze des Campingplatzes ihre komplett durchnässte Ausrüstung zum Trocknen ausbreiten. Im Restonicatal - Luftlinie gerade mal 50 Kilometer entfernt - hatte es den ganzen Vormittag geregnet, während hier weit und breit keine Wolke zu sehen ist und die Sonne vom Himmel brennt. Damit sind wir mit unserer spontanen Entscheidung hierher zu fahren wieder versöhnt.

Am Strand von Ajaccio
Am Strand von Ajaccio

Der fortgeschrittene Tag ist bei den herrschenden Temperaturen fürs Klettern unbrauchbar, weshalb ich zu einer Stranderkundung aufbreche. Salzwasser und Sandstrände gehören nun wahrlich nicht zu meinen Lieblingsorten, aber was ich hier vorfinde gefällt mir wirklich gut. Der kleine Strandabschnitt unterhalb des Campingplatzes bietet eine gute Mischung aus Sandstrand und Granitfelsen, das Wasser ist klar und deutlich kühler als in Saint Florent. Am spannendsten finde ich  die Tierwelt, die sich in den zahlreichen Tümeln und Nischen im Bereich der felsigen Abschnitte perfekt beobachten läßt. Wir bugsieren Krebse, Fische, Schnecken, Muscheln und Seeigel in unsere kleinen Staubecken und betrachten sie fasziniert. So lassen sich die paar Stunden am Strand dann kurzweilig verbringen.

Kleine Genussklettergebiete um Ajaccio

Schicke Landschaft am Kap westlich von Ajaccio
Schicke Landschaft am Kap westlich von Ajaccio
Zustieg zum Sektor A Reta
Zustieg zum Sektor A Reta
Kletteridylle mit Meer und goldenem Fels
Kletteridylle mit Meer und goldenem Fels

Das kleine Klettergebiet "A Reta" an der Westküste liegt direkt über dem Meer und ist unser Ziel für den nächsten Tag. Bereits beim flachen Zustieg entlang der unbewaldeten Küste ist klar: "Heute brauchen wir Schatten!!!" der Felsen ist laut Kletterführer westseitig exponiert. Tatsächlich ist es am Vormittag angenehm schattig und kühl, vermutlich der angenehmste Platz in weitem Umkreis. Ab Mittag kommt dann aber die Sonne ums Eck. Eine kleine Höhle am Nordwesteck avanciert nun zum kühlen Zufluchtsort für die Kinder und gerade nicht kletternde Erwachsene. Die Kletterei ist sehr speziell, an großen runden Strukturen. Es erinnert irgendwie an das Bouldern an großen Volumes in der Kletterhalle. Eigenlich recht cool, aber für mich etwas ungewohnt. Als es endgültig zu heiß wird marschieren wir zum 200 m entfernten Strand, der sich als blockiger Kiesstrand entpuppt. Im Wasser verbergen sich lauter runde, glitschige Felsen, die von Seeigeln bewohnt werden. Aus diesem Grund packen wir bald wieder unsere Sachen und fahren zurück zu unserem Campingplatz mit dem deutlich schöneren Strand.

Es ist hier definitiv zu heiß zum klettern, wir wollen den Sportkletterfelsen von Ajaccio aber noch zwei Chancen geben. Also stehen Stefan und ich am nächsten Tag früh auf und marschieren bei Sonnenaufgang vom Campingplatz hinauf zum Sektor Barbicaja - einem freistehenden gelben Felsturm im waldigen Hang, eine halbe Stunde oberhalb unseres Zeltplatzes. Bereits im steilen Zustieg schwitzen wir uns die Seele aus dem Leib bei gut 25 Grad und 95 % Luftfreuchtigkeit. Die Kletterei ähnelt der vom Vortag - abgefahrene, große Strukturen an sehr rauem, goldgelbem Granit. Eigentlich supercool, allerdings sind die Routen, die im Schatten liegen überwiegend im 5 - 6. Grad und daher zu leicht für unsere Vorstellungen. Wir kraxeln also im Onsight eine nach der anderen der Linien und packen dann gegen 11 Uhr wieder unsere Sachen, als es uns zu heiß wird. Die ausgiebige Siesta verbringen wir im Schatten des Feigenbaumes am Campingplatz und am Strand. Zum Abend hin wollen wir aber nochmal aktiv werden. Am Klettergebiet Saint Antoine ist dann die Sonne wieder verschwunden. Mit einer Schüssel Nudelsalat als Abendessen im Gepäck startet die gesamte Truppe gegen 17 Uhr und wir verbringen einen schönen Abend am Sektor La Chocolaterie, wo dann wieder die Frauen und Kinder Hand an den Fels legen. Erst nach Sonnenuntergang fahren wir zurück zum Campingplatz.

Vormittagsklettern am Sektor Barbicaghja
Vormittagsklettern am Sektor Barbicaghja
Originelles Zaungatter - ein alter Bus - beim Zustieg zum Sektor La Chocolaterie in Saint Antoine
Originelles Zaungatter - ein alter Bus - beim Zustieg zum Sektor La Chocolaterie in Saint Antoine
Sektor La Chocolaterie in Saint Antoine
Sektor La Chocolaterie in Saint Antoine

Danach ist es für mich aber nun endgültig gut mit Hitze und Meer. Zum Glück sehen es die anderen ähnlich und wir beenden unseren Aufenthalt in Ajaccio. Am nächsten Tag geht es weiter in die Berge, unser nächstes Ziel ist die Bavella.

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