Wir sitzen längst beim Abendessen, als das Gewitter endlich losbricht. Blitze zucken und der Regen prasselt. Die voll gefüllten Bäche bekommen noch mehr Zulauf, aber es gibt zum Glück keine weiteren Muren mehr. Am nächsten Tag bleibt zwar die Hauptstraße aus Sicherheitsgründen noch gesperrt aber sie ist immerhin bereits geräumt. Nach unserem Termin bleiben uns am Nachmittag ein paar Stunden Zeit, die wir für eine weitere, angenehm temperierte Wanderung nutzen wollen, bevor es wieder in die Hitze des Alpenvorlandes geht. "Sollen wir auf der Weißkugelhütte beim Stefan Plangger vorbeischauen?" frage ich. Den Stefan kenne ich bisher nur über die sozialen Medien, aber er hat mir schon desöfteren mit hilfreichen Tipps weitergeholfen. Er ist ein Bergführer aus der Region, der mit seiner Frau Aira in der zweiten Saison die Weißkugelhütte bewirtschaftet und sich damit einen Kindheitstraum erfüllt hat.
Gegen 15 Uhr starten wir in Melag und wählen den "3er-Weg", der vom rauschenden Melagbach schräg ansteigend zur Inneren Schäferhütte führt. Die hier liegenden Felsblöcke lassen Jule's Boulderherz sofort höher schlagen, aber mangels passender Ausrüstung bleibts bei ein paar kurzen Hängetests. An der Weißkugelhütte angekommen plaudern wir bei Bier und Nudelsuppe mit Stefan Plangger. Der späte Frühlingsbeginn und die momentan gesperrte Hauptstraße haben seinen Umsatz stark beeinträchtigt. Aber er ist zuversichtlich, dass dafür die Hauptsaison besser wird wenn sich die Ausaperung der Gletscherregionen etwas verzögert. Bald müssen wir wieder aufbrechen. Am Abstieg über den "2er-Weg" hinab in den Talboden der Melager Alm treffen wir auf ein Rudel Steinböcke. Die beeindruckenden Tiere lassen uns bis auf etwa 20 Meter herankommen, und traben dann gemächlich in die Steilflanke der 200 m hohen Seitenmoräne. Als wir endlich den Talboden erreicht haben, fängt es zum Tröpfeln an. Wir schaffen es aber noch trocken bis zum Langtaufererhof, wo wir uns von unseren Gastgebern verabschieden, bevor wir die Heimreise antreten.