Schleierwasserfall

Bekanntes High-End Gebiet unterm Wilden Kaiser
Der Schleierwasserfall auf der Südseite des Wilden Kaisers ist das Mekka aller Hardmover aus Tirol und Südbayern. Hier passt einfach alles. Der Fels ist perfekt - steil, löchrig, superkompakt, goldgelb bis grau, zwischen 20 und 50 m hoch, sonnig und bietet ein geniales Ambiente. Ein frei herabstaubender Wasserfall plätschert mit seiner Gischt über 20 Meter von der überhängenden Wand entfernt auf einige Felsblöcke und schaut man nach Süden, fällt der Blick auf die Gletscher des Alpenhauptkammes. Da möchte man meinen, es müsste hier permanent die Hölle los sein und die Kletterer sich gegenseitig auf den Füßen stehen. Es gibt aber einige Gründe wieso das höchstens an wenigen Tagen im Spätherbst und im Frühling der Fall ist. Erstens beginnt der Spaß hier erst ab dem 7. Grad (UIAA) und auch da ist die Auswahl noch recht gering. Wer also ernsthaft klettern möchte, sollte zumindest ab dem unteren 8. Grad eine Chance haben. Zweitens sollte ein durchschnittlich ausdauertrainierter Sportkletterer für den Zustieg mindestens 40 Minuten einrechnen, lieber noch ein paar Minütchen mehr, was doch den ein oder anderen abschreckt. Und drittens erfordert das Mikroklima des Schleierwasserfalls etwas Erfahrung, um die optimalen Bedingungen abschätzen zu können. Immerhin liegt der Felsriegel auf etwa 1200 Meter - wo es im Frühling und Herbst bei bewölkten Himmel sehr kalt sein kann, während es aber durch die brennspiegelähnliche Konstruktion des Hauptsektors selbst bei Minusgraden bei Sonne unmittelbar am Fels T-Shirt-Temperaturen hat. Der "Schleier" ist weit über die Grenzen des unmittelbaren Einzugsgebietes hinaus bekannt und gehört sicherlich zu den Top-Sportklettergebieten weltweit. Verantwortlich dafür sind insbesondere die vielen High-End-Routen, von denen die Route "Open-Air" von Alex Huber vermutlich die erste 9a+ war, die weltweit geklettert wurde.

Anfahrt
ÖPNV: Den Talort Going am Wilden Kaiser erreicht man mit dem Bus vom Bahnhof St. Johann in Tirol. Von den Bushaltestellen Reischerwirt oder Stanglwirt marschiert man aber etwa 30 Minuten bis zum Ausgangspunkt am Wanderparkplatz Hüttling.
PKW: Die Inntalautobahn Rosenheim – Innsbruck verlässt man entweder in Kufstein Süd (wenn man von Norden kommt) oder in Wörgl Ost (von Süden kommend) und fährt zuerst nach Scheffau und dann über Ellmau nach Going. Auf der Hauptstraße fährt man noch am Ortszentrum vorbei bis zum großen Hotelkomplex des Stanglwirtes. Hierher kommt man von Osten, auch wenn man von St. Johann in Tirol der Ausschilderung Richtung Innsbruck folgt. Am Stanglwirt zweigt nach Süden (wenn man von Ellmau kommt, also links) die Straße nach Prama ab. An der ersten Gabelung hält man sich rechts und fährt durch die Streusiedlung hindurch immer der Hauptstraße nach, bis die Straße in den Wald führt. Hier an einer Rechtskehre geht es geradeaus noch 50 m auf einer Schotterstraße zum Parkplatz.

Zugang
Vom Parkplatz an der Straße geradeaus (nicht links!) immer am Bach entlang aufwärts. An der ersten Gabelung bleibt man rechts, an der zweiten Gabelung links, und nach 30 Metern biegt man rechts durch ein Gatter ab. Nun folgt ein Ziehweg zu einer Wiese, wo man direkt hinauf abkürzen kann und wieder auf den Ziehweg kommt, um ihm bis zur nächsten Rechtskurve zu folgen. Hier zweigt rechts ein Steig ab, der über den steilen Hang aufwärts führt und nach etwa 5 Minuten wieder auf die Straße trifft. Nun immer der Straße aufwärts (Ausschilderung „Schleierwasserfall“), bis sie flach nach rechts führt (links oben sieht man schon die Felsen). Hier zweigt links ein Steig ab, der in knapp 10 Minuten an die Wand führt, die man am Hauptsektor bei der Bank erreicht.
Kletterrouten
Am Schleierwasserfall gibt es über 200 Routen, wovon etwa 20 Routen in den Graden 6 bis 7+ zu finden sind. Knapp 100 Routen spielen sich in den Graden 8 bis 9 ab – ähnlich viele Linien findet man in den Graden 10 bis 11+. Als Aufwärmrouten für die „Normalverbraucher“ (sind hier die 9er-Kletterer) dienen in der Regel die weniger steilen Routen am Hauptsektor hinter dem Bankerl. Diese sind daher schon stark abgespeckt. Allgemein ist der gelbe Fels im Hauptsektor in den häufig gekletterten Routen sehr speckig – deutlich rauer ist alles, was grau ist.
Lage und beste Jahreszeit
Die Wand ist südseitig ausgerichtet und liegt auf ca. 1200 m Meereshöhe. Teilweise (links am Sektor graue Wand) spenden Bäume Schatten. Im Hauptsektor sind im Sommer durch die großen Überhänge viele Routen auch halbtags im Schatten, sonst wird es sehr heiß. Im Winter hingegen kann man in der Regel nur im Hauptsektor klettern – was dann aber perfekt ist. An den anderen Sektoren liegt oft meterhoch der Schnee an den Einstiegen. Die ideale Zeit ist der Herbst. Auch im Frühling kann es gute Bedingungen haben – allerdings muss man dann in einigen Routen lange mit nassen Griffen rechnen, da das Wasser teilweise von innen aus dem Fels drückt. Der Wasserfall ist im Frühjahr natürlich am mächtigsten und entsprechend schön anzuschauen, aber auch ordentlich laut, und bei Wind können einige Routen am Hauptsektor dann nicht kletterbar sein.
Kletterführer
Der Kletterführer Bayerische Alpen, Band 2 beschreibt die Kletterrouten im Kaiserklettergarten und an der Wildererkanzel ausführlich. Wer einen Fehler entdeckt oder eine neue Route begangen oder eingebohrt hat, ein Projekt klettern konnte oder einen anderen Hinweis für den Autor oder die Leser des Buches hat, schickt mir am besten eine E-Mail. Die alpinen Kletterrouten im Wilden Kaiser findest Du im Kletterführer Wilder Kaiser.